Rede bei der FFF-Kundgebung vom 28.8.20 zum Mercosur-Aktionstag

Brasilien Brandrodung Waldbrände NASA

Von Michael, Mitglied im Heidelberger Bündnis für gerechten Welthandel und bei den Parents-for-Future Heidelberg

Hallo alle!

Zuerst ein Dankeschön an die Fridays-for-Future, dass ich hier sprechen kann. Die Fridays machen eine tolle Arbeit. Ihr habt eine politische Bewegung geschaffen, die der Politik Beine macht. Endlich!

Heute ist bundesweiter Mercosur-Aktionstag. Dabei geht um das Freihandels-abkommen zwischen der EU und den vier südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Der EU-Mercosur-Vertrag läuft Kernforderungen für einen gerechten Welthandel zuwider.  Vor allem ist der Mercosur-Vertrag absurd angesichts der drohenden Klimakatastrophe und angesichts des Pariser Klima-Abkommens. Wie können die EU und die europäischen Staaten in 2020 ein Abkommen vorbereiten, das die südamerikanische Agrarindustrie (besonders die brasilianische) einlädt, die schlimmen Dinge zu tun, die mein*e Vorredner*in eben beschrieben hat? Nur vorsorglich notiert:

  • Landwirtschaftliche Mischkulturen und den Regenwald abzubrennen oder zu roden?
  • Monokulturen für Viehzucht oder Soja-Anbau einzurichten?
  • Der Regenwald am Amazonas ist einer der Kipppunkte für das Weltklima. Der Regenwald ist einzigartig als CO²-Senke. Das Wasser im Amazonasbecken ist als Verdunstungsreservoir eminent wichtig.
  • Anstatt dies durch die europäische Politik zu schützen, befördern die europäischen Handelspolitiker Brandrodungen und damit den CO²-Ausstoß!
  • (Noch dazu Pestizide, Artensterben)
  • (Menschenrechtsverletzungen)

Lasst Euch nicht täuschen, wenn Mercosur-Befürworter auf das Nachhaltigkeitskapitel hinweisen. Soll heißen: dass der Vertrag angeblich die ökologischen Standards in den vier Mercosur-Staaten fördert. Was ist, wenn die Klima- und Umweltstandards des schönen Nachhaltigkeitskapitels nicht eingehalten werden? Dann wird eine Kommission eingesetzt, die einen Bericht schreibt. Punkt. Sanktionen gegen die Verstöße gibt es nicht. Sanktionen kriegt nur derjenige, der gegen das Handelskapitel verstößt. Die fünf W über alles: Weltweite Warenströme und Wirtschaftswachstum!

Beim Merosur-Vertrag geht es nicht nur um billiges Rindfleisch und Soja für Europa. Großunternehmen aus der EU, u.a. die Chemie- und Pharmaindustrie und die Finanzbranche,  erwarten gute Geschäfte auf dem südamerikanischen Markt. Der kann bombig laufen: Dafür sorgen laxe Vorschriften und hohe Bevölkerungszahlen.

Und ganz wichtig: Das Abkommen soll einen Exportmarkt für die europäische Automobilindustrie schaffen – allen voran für die deutsche. Unsere Auto-Industrie will ja die Benziner und die SUV’s noch einige Jahre lang massenhaft verkaufen. Andere Autos hat sie leider noch nicht. CO²-Verringerung??? Fehlanzeige!

Hier kommt unser grüner Ministerpräsident zum 1. Mal ins Spiel. Vielleicht habt Ihr das Sommerinterview in der Rhein-Neckar-Zeitung vom letzten Samstag (22.8.) gelesen. Er stellt als größtes Problem der Auto-Industrie heraus: das „akute Nachfrageproblem“ durch die aktuelle Krise.

Allerdings hat Herr Kretschmann nicht über den Mercosur-Vertrag zu entscheiden. Federführend ist vielmehr in Deutschland die Bundesregierung, und die hat für die laufende deutsche EU-Ratspräsidentschaft als Ziel ausgegeben: die europäischen Regierungen bis Jahresende 2020 dazu bringen, den Mercosur-Vertrag anzunehmen. Österreich nämlich will sich gegen den Vertrag stellen, und die Parlamente aus Frankreich, Belgien, Irland und den Niederlanden kritisieren den Vertrag deutlich.

Nun ist die Bundeskanzlerin letzte Woche im Gespräch mit Greta Thunberg und Luisa Neubauer evtl. etwas von Mercosur abgerückt. Sie hat Zweifel, (Zitat) „ob eine Umsetzung des Abkommens … zur Zeit gewährleistet wäre“. Das heißt aber nur: Frau Merkel sieht im gegenwärtigen Verhalten von Brasiliens Präsident Bolsonaro ein Umsetzungshindernis. Gleichzeitig zeigt es: Merkel hält den Geist des Abkommens für richtig. Also braucht es viel öffentlichen Druck, damit Frau Merkel dieses Mercosur-Abkommen aufgibt! –

Werfen wir noch einen Blick auf die europäische Handelspolitik. Das Mercosur-Abkommen ist nur eines von 20 Freihandelsabkommen, die die EU-Kommission derzeit verhandelt. Und alle stehen im neoliberalen Geist der letzten zwanzig Jahre, mit den fünf W: weltweite Warenströme und Wirtschaftswachstum! Als in Paris über das Klima-Abkommen verhandelt wurde, hat die EU-Kommission intern ausdrücklich klargestellt: keine einklagbaren Klimaregeln akzeptieren, keinen Vorrang gegenüber Handelsregelungen zulassen!

Aber in acht Jahren können die Kipppunkte gekippt sein, und dann kann selbst das 2 Grad-Ziel als Höchstgrenze für die Erderwärmung nicht mehr erreichbar sein!

Die EU muss sich von der neoliberalen Handelspolitik insgesamt verabschieden! Daher der Widerstand gegen Mercosur, aber auch gegen ein anderes Abkommen, das kurz vor dem Abschluss steht: das europäisch-kanadische CETA-Investorenschutz-Abkommen.

Die Gerechter-Welthandels-Bewegung plant in den nächsten Monaten Aktionen gegen die deutsche CETA-Ratifizierung. Ministerpräsident Kretschmann zum Zweiten: Er will CETA im Bundesrat zustimmen! Seid Ihr dabei, wenn wir in Stuttgart dagegen protestieren werden!! –

Doch zuerst kommt am 25. September der globale Klimastreik der Fridays. Lasst die Heidelberger Demonstration groß werden! Wie Greta letzte Woche im ZEIT-Interview gesagt hat: „Die Klimabewegung ist in ihrer frühesten Phase, wir haben noch nicht mal richtig angefangen.“  Deshalb – an diejenigen, die bisher noch nicht aktiv geworden sind:

  • Kommen Sie dazu – machen Sie mit!
  • Informieren Sie sich zum Beispiel mit dem SPIEGEL-Bestsellerbuch von Maja Göpel „Unsere Welt neu denken“!
  • Schauen Sie, an welcher Stelle Sie den Klimaschutz stärken – und die politischen Forderungen der Klimabewegung unterstützen können!

Vielen Dank!